Faktisches Arbeitsverhältnis: Definition, rechtliche Folgen und Unterschiede
Ein faktisches Arbeitsverhältnis liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer tatsächlich seine Arbeitsleistung erbringt und der Arbeitgeber diese entgegennimmt, ohne dass ein wirksamer Arbeitsvertrag geschlossen wurde. Trotz fehlender formeller Vereinbarung entsteht ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf Vergütung sowie weitere Schutzrechte des Arbeitnehmers.
Wann spricht man von einem faktischen Arbeitsverhältnis?
Ein faktisches Arbeitsverhältnis entsteht insbesondere dann, wenn:
- ein nichtiger oder unwirksamer Arbeitsvertrag vorliegt,
- ein Vertrag aus rechtlichen Gründen (z. B. Formmangel, fehlende Zustimmung) nicht zustande gekommen ist,
- der Arbeitnehmer dennoch tatsächlich arbeitet und der Arbeitgeber die Arbeitsleistung annimmt.
Typische Beispiele sind Arbeitsverhältnisse mit Minderjährigen ohne Zustimmung der Eltern oder vermeintliche Arbeitsverträge ohne Unterschrift.
Rechtsfolgen eines faktischen Arbeitsverhältnisses
Anspruch auf Vergütung
Auch ohne formell wirksamen Arbeitsvertrag haben Arbeitnehmer einen Anspruch auf Vergütung gemäß §§ 611a, 612 BGB. Der Arbeitgeber darf sich nicht auf die fehlende Vertragsgrundlage berufen, wenn er die Leistung tatsächlich entgegengenommen hat.
Geltung arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften
Arbeitnehmer im faktischen Arbeitsverhältnis genießen grundsätzlich denselben Schutz wie regulär beschäftigte Mitarbeiter. Dazu gehören:
- Kündigungsschutz nach dem KSchG
- Anspruch auf Erholungsurlaub
- Zugang zu Mutterschutz- und Elternzeitregelungen
- Pflicht zur Sozialversicherung
Die Geltung beginnt mit dem faktischen Arbeitsbeginn und nicht erst mit einem Vertragsabschluss.
Unterschied zum normalen Arbeitsverhältnis
Der entscheidende Unterschied liegt in der Vertragsgrundlage. Während beim regulären Arbeitsverhältnis ein wirksamer Arbeitsvertrag zugrunde liegt, basiert das faktische Arbeitsverhältnis allein auf dem tatsächlichen Austausch von Arbeitsleistung und Entgeltannahme. Rechtlich wird es als „fehlerhaftes Arbeitsverhältnis“ behandelt.
Was tun bei einem faktischen Arbeitsverhältnis?
Arbeitnehmer
Wer in einem faktischen Arbeitsverhältnis steht, sollte möglichst schnell auf die schriftliche Fixierung eines Vertrages drängen, um späteren Rechtsunsicherheiten vorzubeugen. Lohnansprüche sollten dokumentiert und gegebenenfalls geltend gemacht werden.
Arbeitgeber
Arbeitgeber sollten darauf achten, arbeitsvertragliche Regelungen rechtssicher zu treffen und vor Beginn der Beschäftigung zu dokumentieren. Ein faktisches Arbeitsverhältnis kann zu Nachzahlungen, Klagen oder sozialversicherungsrechtlichen Konsequenzen führen.
Fazit
Ein faktisches Arbeitsverhältnis ist mehr als ein „lockeres Arbeitsverhältnis ohne Vertrag“. Es begründet vollwertige Rechte und Pflichten für beide Seiten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sollten sich der rechtlichen Bedeutung bewusst sein und die Beschäftigung vertraglich absichern, um Streitigkeiten zu vermeiden.